Anthony Doerr ist wahrlich ein meisterhafter Erzähler. Es ist mein erstes Buch von ihm gewesen und wenn er sich schon in seinen letzten Romanen bewiesen hat, will ich mich bitte entschuldigen. Jedoch kann ich mir schwer vorstellen, dass ein anderes Buch leicht an diesen Roman herankommen kann!
Mit Wolkenkuckucksland hat der Autor ein Buch geschrieben, dass einen begeistert, aufregt, fesselt und traurig, aber auch wehmütig zurückblicken lässt. Besonders die letzten 100 Seiten waren ein turbulentes Karussell, dass mich erstaunt hat!
Im Grunde ist Wolkenkuckucksland eine Geschichte von Antonius Diogenes, die vor langer Zeit aufgeschrieben, vergessen und wieder gefunden wurde.
Und in mehreren Zeitebenen, im Leben von verschiedenen Menschen, begegnen wir diesem Buch, ihrer Geschichte wieder. Immer geht es darum den Inhalt zu ergründen, ihr auf die Spur zu kommen und die Lücken, die die Zeit hat entstehen lassen, zu füllen.
Diogenes schreibt über den einfältigen Schäfer Aethon, der unzufrieden mit seinem Leben war und auf die Reise nach einem Land in den Wolken ging, wo in den Flüssen Wein fließt und die Schildkröten mit Honigkuchen beladen werden. Den beschwerlichen Weg meistert er verzaubert als Esel, dann als Fisch und anschließend als Vogel, wodurch er das Wolkenreich erreicht.
In einem Teil des Romans befinden wir uns in der Vergangenheit um 1440, wo wir Anna begegnen, einem jungen Mädchen in Konstantinopel, die an ein Buch über einen Schäfer gerät.
Und wir begegnen Omeir, weit weg von Anna, der mit Erzählungen von seinen Großvater aufgewachsen ist.
In der Gegenwart gibt es ebenfalls zwei Erzählstränge, in denen Diogenes Geschichte eine Rolle spielt.
In Zenos Leben, der sich nach einer langen Odyssee dieser Geschichte über einen einfachen Schafhirten widmet.
Und in der von Seymour, der erst spät die Geschichte zu lesen bekommt, wodurch sich sein restliches Leben verändert.
Der letzte Erzählstrang von Anthony Doerr spielt in der Zukunft und es geht um das junge Mädchen Konstance. Sie ist gefangen in einem Raumschiff, der auf der Suche nach einen neuen Planeten ist und entdeckt durch die Erzählung Wolkenkuckucksland die Wahrheit um sich herum.
Alle Personen sind miteinander auf eine gekonnte Art und Weise verbunden, dass es einen, besonders zum Ende hin, erschreckt.
Man begibt sich selbst auf eine lange Reise von Belagerungen, Kriegen, Umweltkatastrophen bis zu Bombenanschlägen durch die Zeit und immer dabei, die tröstende Erzählung von Diogenes, die einen, die Welt um sich herum vergessen lässt.
Doch auch schon der Start des Romans hatte mich gepackt, als wir in die Handlung zu einem späten dramatischen Punkt gestoßen werden, nur um dann wieder an den Anfang zu kommen. Sowas wirkt natürlich gleich aufregend und der flüssige, leichte poetische Stil von Doerr tat sein Rest, sodass ich mich schnell durch die knapp über 500 Seiten las.
Der Autor zeigt wie die Kraft der Erzählung, die Menschen trösten, hoffen und weiterkämpfen lassen kann.
Wirklich wunderbar erzählt mit Spannung, Dramatik und Einfühlsamkeit.
Für mich definitiv ein Jahreshighlight!
Das Buch bewerte ich mit:
3