Brüste und Eier von Mieko Kawakami

Lange habe ich auf ein Buch wie dieses gewartet und war mehr als nur froh es endlich in der Hand halten zu können. Mieko Kawakami trifft mit “Brüste und Eier” einen Nerv der heutigen japanischen Gesellschaft und entstaubt das Bild der Frau in Japan.
Für mich ein Highlight für mein Lesejahr 2020 und ich freue mich schon auf ihre nächsten Romane.

An einem drückend heißen Sommertag wird die dreißigjährige Natsuko von ihrer älteren Schwester Makiko und deren Tochter Midoriko in Tokio besucht. Makiko, die mit zunehmendem Alter mit ihrem sich verändernden Körper nicht zurechtkommt, ist davon besessen, sich einer Brustvergrößerung zu unterziehen. Währenddessen ist ihre zwölfjährige Tochter Midoriko von der einsetzenden Pubertät überfordert und sieht sich außerstande, in einer Gesellschaft, die alles Intime und Körperliche tabuisiert, ihre Ängste, Bedürfnisse und Fragen offen zu kommunizieren. Und auch die asexuelle Natsuko hadert mit der Frage, welche Rolle noch bleibt – als unverheiratete Frau, die nicht mehr Tochter ist und vielleicht nie Mutter sein wird. (Quelle: Verlag)

Das Cover und der Titel sind definitiv verrückter als der Inhalt, wenn ihr euch jetzt abgeschreckt fühlt. Mich hatte es eher so sehr provoziert, dass ich es unbedingt lesen musste und dazu ist es noch ein Buch, dass Haruki Murakami empfiehlt? Wie selten das ist!
Um aber nun eines klarzustellen, es geht hier um ein Selbstbildnis einer japanischen Frau, um Weiblichkeit, Selbstständigkeit und um Feminismus.

Den Roman könnte man in zwei Teile unterscheiden. Der erste Teil und Start des Buches geht um Natsuko, die Besuch von ihrer Schwester bekommt und deren Tochter. Ihre Schwester Makiko möchte sich unters Messer legen, bzw. ihre Brüste vergrößern, da sie dem Schönheitsideal mehr entsprechen will.
Im zweiten Teil sind bereits einige Jahre vergangen und Natsuko spielt mit dem Gedanken ein Kind zu bekommen, ohne Mann.

Den ersten Teil fand ich besser als den zweiten Teil des Romans, wobei die beide nicht sehr leicht zu vergleichen sind. Sie unterscheiden sich von der Länge und Tiefe stark voneinander, auch fand ich das Ende im zweiten Teil deutlich besser, weil es vielsagender ist.
Doch kommen wir nun zu den besonderen Dingen in “Brüste und Eier” und warum es für so viel Aufsehen sorgte, hier, aber auch in Japan.

Der Roman beschäftigt sich stark mit der Rolle der Frau in Japan, und nebenbei werden viele weitere wichtige Themen angesprochen, dabei kommen einige Frauen hier eine Stimme.
Zu aller erst haben wir die Protagonistin Natusko, die sich ein Kind wünscht, aber keinen Mann hat und keinen möchte. Sie selbst kommt aus einer armen Familie, wo die Mutter Hostess war, der Vater abwesend. Ihre einzige Schwester arbeitet ebenfalls als Hostess und hat ein Kind bekommen, um dass sie sich alleine kümmern muss.
Im zweiten Teil lernt sie durch ihre Arbeit viele andere Frauen kennen, die dann zu Wort kommen und ihre persönliche Geschichte, bzw. Leidensweg erzählen. Das hat mir mitunter am besten an “Brüsten und Eier” gefallen. Und von Happy-Family bis Alleinerziehend und Alleinstehend ist alles dabei und so wirft die Autorin einen sehr vielschichtigen Blick auf die moderne japanische Frau und zeigt auch, wie sehr sie alle zwischen alten und neuen Rollenansprüchen leiden.
Ein anderes Thema das im zweiten Teil noch eine wichtige Rolle spielt, ist die Samenspende und ihre Folgen, da es für Natsuko die denkbar einzige Möglichkeit ist schwanger zu werden. Dabei lässt die Autorin Kinder von solchen Schwangerschaften zu Wort kommen und zeigt sehr verschiedene Meinungen. Besonders hier war ich sehr überrascht von der Tiefe zu dem Thema und den starken Charakteren, die auftreten.

Im Großen und Ganzen ist der Roman für mich ein Highlight für mein Lesejahr 2020 geworden, da die Autorin ohne viel Beschönigung die Probleme für Frauen in Japan aufzeigt und auf den Punkt bringt. Allein der Blick auf diese Seite der japanischen Gesellschaft fand ich sehr aufschlussreich, neu für mich und regt deutlich zu nachdenken, aber auch hoffen an, da Natsuko ihren Weg findet.
Für die japanisch Literatur typisch nüchternen Ton, war die Geschichte von Natusko und Co. voller Tiefe, Schicksale und Emotionen.
Eine klare Leseempfehlung für alle die sich mit den Themen und Japan näher beschäftigen wollen!

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1 Kommentar

  1. 22. November 2020 / 19:01

    Klingt sehr gut und ist bisher völlig an mir vorbeigegangen.
    Jetzt hab ich es direkt mal notiert, Danke für die Kritik 😀

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