Im Leben nebenan von Anne Sauer

Schon auf den ersten Seiten merkt man, dass Autorin Anne Sauer weiß, wie unsereins tickt – mit einem modernen Vibe. Ihre Protagonistin Antonia, oder wahlweise Toni (man switcht hier mal eben in Parallelwelten), lebt zwei Versionen ihres Lebens durch: einmal kinderlos in der Großstadt, einmal mit Baby, Ehemann Adam und Windelstapel im Heimatkaff. Die große Frage: Was, wenn ich mich mal anders entschieden hätte?
Das Ganze kommt mit einem wunderbar natürlichen Erzählton daher, mit leichtem Witz, ehrlicher Sprache und sehr viel Gefühl – aber ohne Kitschalarm. Besonders stark: das Hörbuch. Die Sprecherin trifft Ton, Timing und Tränendrüsen – ich höre definitiv nochmal rein und werde nach weiteren Titeln von ihr stöbern. Absolute Hörbuch-Entdeckung!
Auch wenn viel über Identitätsverlust geschrieben wurde in anderen Rezensionen – ich sehe da eher eine neue Identität. Die der Mutter. Der Mensch, der man wird, wenn sich das eigene Leben plötzlich in Etappen à 3 Stunden Schlaf und Babybrei gliedert. Klar, es ist nicht alles rosarot – das zeigt Sauer ehrlich. Ein bisschen mehr Glücksmomente hätten für meinen Geschmack aber früher auftauchen dürfen. Da hat mein Mama-Herz länger drauf gewartet.
Fazit: Ein kluger, einfühlsamer, aber vor allem angenehm unprätentiöser Roman über Entscheidungen, Selbstbestimmung – und die manchmal seltsam schrägen Wege, die das Leben eben so geht. Für Leser*innen mit und ohne Kind. Denn, wie Sauer so schön sagt: „Es gibt ja auch keine Männer ohne Mütter.“

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