Thomas Schlessers “Monas Augen” ist ein bezaubernder Roman über die heilende Kraft der Kunst. Die Geschichte beginnt dramatisch: Die zehnjährige Mona verliert für eine Stunde ihr Augenlicht. Diese verstörende Erfahrung führt sie schließlich nicht nur zu einem Psychologen, sondern auch auf eine berührende Reise durch die Pariser Kunstwelt – begleitet von ihrem Großvater Henry, der sie in die großen Museen der Stadt entführt.
Was Schlesser hier auf wunderbare Weise gelingt, ist die Darstellung der Kunst als lebendiges, heilsames Mittel. Mit jeder Woche, die Mona ein neues Meisterwerk betrachtet – sei es von Leonardo, Monet oder Kandinsky –, lernt sie nicht nur die Tiefen und Geheimnisse der Kunst kennen, sondern auch sich selbst. Diese Verbindung zwischen Kunst und Selbstheilung ist ein starkes und ermutigendes Thema, das den Roman durchzieht und den Leser nachdenklich zurücklässt.
Ein besonderer Pluspunkt des Buches ist seine originelle und charmante Art, die Kunstwelt auf spielerische Weise näherzubringen. Durch Monas neugierigen Blick erleben wir die Werke der großen Meister auf neue, frische Weise. Auch wenn Schlesser manchmal mit der Darstellung eines kindlichen Charakters etwas hadert und Mona gelegentlich zu erwachsen wirkt, bleibt der Zauber der Geschichte ungebrochen.
Der Roman “Monas Augen” ist mehr als nur eine Geschichte über Kunst; es ist ein Bildungsroman, der die Leser zu einer Reise anregt, die eigene Sicht auf das Leben und die Kunst zu hinterfragen. Besonders für Kunstinteressierte und Bücherliebhaber, die den Louvre und die Pariser Museen zu schätzen wissen, bietet dieser Roman eine Fülle an Inspiration und Hintergrundwissen. Schlesser zeigt hier eindrucksvoll, dass französische Literatur auch einmal anders sein kann, losgelöst vom typischen Stil der großen, gesellschaftskritischen Werke, wie von Annie Ernaux.
Ein kleiner Wermutstropfen bleibt dennoch: Die Familiengeschichte, die Monas Konflikte vertiefen und dem Roman zusätzliche Dimensionen verleihen könnte, bleibt leider an manchen Stellen zu oberflächlich. Hier hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht, die den Charakteren zusätzliche Facetten verliehen hätte.
Insgesamt ist “Monas Augen” ein wunderschönes Werk. Es lädt zum Schmöckern ein und entführt den Leser in eine Welt voller Weisheit und Hoffnung – eine perfekte Wahl für alle, die in die Welt der Kunst eintauchen und zugleich eine berührende Geschichte genießen wollen.