Was ist ein Kopfkissenbuch?
Wenn man damals sagte, man würde daraus ein Kopfkissen machen (zu einem Stapel Papier), meinte man damit ein Notizbuch, in dem man die Dinge schreibt, dem man nur seinen Kopfkissen anvertrauen würde. Im modernen gesagt, ein Tagebuch, in das man nicht jeden Tag reinschreibt.
Bei dem Kopfkissenbuch der Hofdame Sei Shonagon sind es Beobachtungen aus ihrer Zeit am Hofe und ihrer unverblümten Meinung dazu.
Und diese faszinierende Sammlung hat sich bis heute erhalten, zu unserem Glück.
Es ist nämlich ein kleines Meisterwerk aus der Heian-Ära Japans und eine Sammlung von Notizen, Anekdoten und Beobachtungen vom Hofe, die sich so lebendig anfühlen, dass man sich fühlt, als wäre man direkt in den Palastgärten von Kyoto.
Shonagon, eine Hofdame der damaligen Kaiserin, entführt uns mit ihrem einzigartigen, sympathischen Schreibstil in eine Welt voller Schönheit, die sie in den einfachsten Dingen sieht und interessante Beobachtungen am Hofe.
Die Art und Weise, wie sie ihre Gedanken aufzeichnet, ist so charmant, dass man sich gleich in die Autorin verliebt. Ihre Texte über das höfische Leben, die Natur oder ihre Mitmenschen sind humorvoll, als auch erhellend und ich habe das Buch gerne nach einem stressigen Tag gelesen.
Es sind nämlich sehr viele kurze Texte, die entspannen (“Was vom Himmel fällt”), unterhalten (“Eine Anweisung für Kavaliere”) und teilweise zum Nachdenken (“Über menschliche Eigenschaften”) anregen.
Was mir an ihren Beobachtungen ebenfalls gefällt, ist neben der Vielfalt an Themen, die sie aufgreift, ihre Intelligenz, die sie durchscheinen lässt, mit einem Hauch von Ironie. Beim Lesen denkt man sich nur “Diese Frau muss wirklich interessant gewesen sein.”.
Es gibt keine wirkliche Anordnung der Einträge, es ist eher mit einem Mosaik zu vergleichen, bunt und gemischt. Auch die Länge der Texte ist unterschiedlich und reicht von mehreren Seiten bis hin zu wenigen Sätzen.
Das Buch würde ich vielen Lesern empfehlen, von Japan-Enthusiasten bis hin zu literarisch interessierten Lesern!
“Wenn ich fast täglich meine Gedanken zu Papier bringe, dene ich oft, es wäre besser, nichts aufzuzeichnen, und auf keinen Fall sollten Fremde mein Skizzenbuch zu Gesicht bekommen; denn ich schreibe alles nieder, was mir in den Sinn kommt, auch merkwürdige und unerfreuliche Dinge.”
Meine Ausgabe von diesem Juwel der Weltliteratur war die aus dem Anaconda Verlag und mit der Übersetzung von Mamoru Watanabé. Ich empfand sie als sehr eingängig und locker. Außerdem gibt es dazu noch eine wunderbar interessante Einleitung zum Buch von Watanabé, wie auch zum Abschluss ein Wort zu den Illustrationen, die man in dieser Ausgabe findet!
Das Buch bewerte ich mit: