Fünf Leben ist ein intensiver Roman, der ein dramatisches Leben und ein wichtiges Thema der Geschichte miteinander verwebt. Die Erzählung der jungen Daiyu, die aus ihrer Heimat China entführt und in die USA verschleppt wird, ist sowohl spannend als auch zutiefst berührend. Für mich, die schon einige Romane gelesen hat aus Ostasien, war das eine Überraschung. Denn Fünf Leben ist nicht nur eine packende Erzählung, sondern auch ein wichtiges historisches Zeugnis, das auf realen Begebenheiten beruht, insbesondere auf den Auswirkungen des Chinese Exclusion Act, einem der dunkelsten Kapitel der amerikanischen Einwanderungsgeschichte.
Die junge Daiyu muss sich in einer Welt, die von Gewalt, Rassismus und Misogynie geprägt ist, immer wieder neu erfinden, um zu überleben. Ihre Reise führt sie durch verschiedene Identitäten – von einer Schülerin in China über das Leben in einem Bordell in San Francisco bis hin zu einem zurückgezogenen Leben in den Bergen Idahos. Ein für sich schwieriges Leben nach dem anderen. Dabei verfolgt sie nicht nur die Tragödie ihrer Entführung, sondern auch die systematische Diskriminierung, die chinesische Einwanderer im Amerika des 19. Jahrhunderts erlebten.
Die Themen , die Autorin Zhang aufgreift – Rassismus, Gewalt, Entführung und der Verlust von Identität – sind schwer.. Der Roman konfrontiert den Leser mit der brutalen Realität der chinesischen Einwanderer, deren Leben oft von Vorurteilen und Gewalt geprägt war. Besonders die Darstellung der Lynchmorde und die expliziten Formen des Rassismus machen deutlich, wie tief verwurzelt diese Vorurteile in der Gesellschaft waren. Teilweise war es echt schwer zu lesen. Dennoch gelingt es Zhang, diese Grausamkeiten mit einem tiefen Sinn für Menschlichkeit zu erzählen, ohne den Leser bloß schockieren zu wollen.
Was diesen Roman besonders auszeichnet, ist die innere Stärke der Protagonistin. Trotz der ständigen Notwendigkeit, sich den Umständen anzupassen, behält sie den tiefen Wunsch, ihren eigenen Namen und ihre Geschichte zurückzuerobern. Ihre Entwicklung im Laufe des Romans ist unaufhaltsam.
Zhangs Schreibstil ist eindringlich und atmosphärisch. Sie schafft es, sowohl die düstere Zeit in Amerika als auch die Schönheit von Daiyus innerer Welt lebendig zu beschreiben. Die Sprache ist poetisch und detailreich, was den Leser in die Welt von Daiyu zieht.
Zum Schluss lässt sich sagen, dass Fünf Leben ein wichtiger, bewegender Roman ist, der als historische Erinnerung überzeugt. Er beleuchtet ein übersehenes Kapitel der Geschichte und gibt einer jungen Frau eine Stimme. Der Roman ist spannend und berührend, doch sollte er auch mit Vorsicht genossen werden, da schwierige Themen, wie vorhin angesprochen, behandelt werden.