Rezension zu Der Bruder des Königs von George R.R. Martin und Gardner Dozois

Jeder mag Schurken, dabei sind sie oft käuflich, handeln moralisch fragwürdig oder sind politisch inkorrekt. Und gerade deswegen stellen Schurken den eigentlichen Helden so häufig in den Schatten. Denn was wäre Star Wars ohne Han Solo oder Game of Thrones ohne Tyrion Lennister? George R.R. Martin und Gardner Dozois haben einundzwanzig Stories zusammengetragen – unter anderem von Patrick Rothfuss, Joe Abercrombie und Scott Lynch –, die sich den beliebtesten Charakteren aller Genres widmen: den Schurken.

Bei diesem Buch haben wir insgesamt 21 Kurzromane von namentlich bekannten Autoren, aus den verschiedensten Genres. Dabei konzentriert sich jeder auf das Thema “Schurke”. Viele der Autoren haben es gut umgesetzt und ich fange die Rezension mit den Geschichten an, die mir gefallen haben und gebe eine kurze Meinung dazu ab. Ich muss zugeben, dass ich die Geschichten, dir mir nicht gefallen haben, zum Größten Teil abgebrochen habe, aber mehr später dazu.

Es gab Geschichten, die waren amüsant, die waren düster, rau oder schlichtweg faszinierend, so faszinierend, dass ich neue Autoren für mich entdeckt habe. Die Anthologie hat mich verleitet über meine Genres hinweg zu lesen und Neues zu entdecken, dabei zeigten sich viele Autoren von ihrer besten Seite.

Fangen wir mit der ersten Geschichte an von Joe Abercrombie “Harte Zeiten allerorten”. Die Idee hinter der Geschichte war sehr amüsant zu lesen gewesen und das Thema Schurke wurde hier vollends aufgegriffen, denn man trifft in knapp 45 Seiten die verschiedensten Schurken, die alle hinter einem Gegenstand her sind. Ein durchtriebenes Spiel und für die wenigen Seiten, einige Wendungen!

Eine weitere Geschichte die ich zu “amüsant” eingeteilt habe, ist “Der Fall Petticoats” von Michael Swanwick. Gewitzt erzählt der Autor von seinen Schurken und ihrem Plan eines Verbrechens in einer Welt, die sich furchtbar interessant angehört hat und von der ich gleich mehr hören wollte. Menschen werden zombiefiziert um ihre Schulden abzuarbeiten? Können wieder zum Menschen werden? Und viele andere Fakten haben mich aufhorchen lassen. Dazu gehört auch noch, dass der Autor einen außerordentlichen Schreibstil und Sprache hat und immer diesen gewissen Humor rüberbringen konnte.

Zum Punkt außerordentlicher Schreibstil und Sprache gehört auch die Kurzgeschichte “Die Goldenen Zwanziger” von Carrie Vaughn. Sie konnte sehr gut den Flair dieser Zeit rüberbringen und hat darin noch eine Fantasyerzählung verwoben mit zwei Protagonistinnen zum anhimmeln. Allein das Setting war überzeugend, eine schwer auffindbare Kneipe, das Blue Moon, wo sich allerhand Schurken rumtreiben, nicht nur menschliche.

Sehr mitreißend liest sich die Fantasystory von Scott Lynch (meine erste Geschichte von ihm) “Ein Jahr und ein Tag im alten Theradane”, wo Schurken gezwungen sich nach einer durchzechten Nacht aus ihrem Ruhestand zu tretten. Besonders toll fand ich die Truppe aus den verschiedensten Personen und ihre Zusammenarbeit – das Ende hat mich hoffen lassen, dass es eine Fortsetzung geben wird!

Überrascht war ich von “Liebe ist…” von Daniel Abraham, die sich am Anfang etwas schwer lesen lässt, aber seine Charaktere konnten einiges für mich raushauen und ich habe ein neues Lieblingszitat gefunden. Ein sehr tiefsinniges! (Scherz.)

“Liebe”, murmelte Asa, “ist wie eine Taube, die auf die Menge scheißt.” – “Wie das?” – “Wo sie landet, hat nichts damit zu tun, wer sie verdient hat.” – S. 538

Der Autor Garth Nix wird hochgelobt und “Die Fracht aus Elfenbein” zeigt auch warum. Seine Story handelt von seinem bekannten Charakteren Sir Hereward und seinem Gefährten dem Magier Mister Fitz, der in einer verzauberten Puppe steckt. Wir lernen sie während eines Auftrags kennen, der letztendlich nicht so einfach endet wie sie gedacht haben. War klar. Und hier und da sickern interessante Informationen durch, die einen dazu verlocken seine Bücher zu lesen.

Inhaltlich in Ordnung und sprachlich gelungen war “Die Karawanne nach nirgendwo” von Phyllis Eisenstein. Kurz und bündig mit guten Beschreibungen wandern wir durch die Wüste und lernen seine Gefahren kennen – gerne hätte ich da mehr Tiefe gehabt und ein, zwei mehr Informationen.

Zwei weitere Top Storys sind auf jeden Fall “Wie der Marquis seinen Mantel zurückbekam” von Neil Gamain, eine Kurzgeschichte zu einer Figur aus “Niemalsland” – eins meiner liebsten Bücher und “Der Blitzbaum” von Patrick Rohtfuss. Beides zwei sehr verschiedene Autoren, die es aber gut verstehen schon nach wenigen Seiten, einen an das Buch zu ketten.

Die letzte Geschichte ist die von George R.R. Martin “Der Bruder des Königs”, wie auch die Anthologie heißt. Nach so vielen wunderbaren Kurzgeschichten war diese einfach flach gewesen. Nett, könnte man noch sagen, aber nicht berauschend wie manch andere in diesem Band. Gefallen hat es mir, aber vielleicht wäre sie am Anfang besser gewesen und hätte nicht so einen unzufriedenen Nachgeschmack gelassen.

Zu denen die mir nicht so gefallen haben, es waren nur wenige gewesen und abgesehen von “Die unheimlichen Geschehnisse in Carterhook Manor” von Gillian Flynn und “Mit Pauken und Trompeten” von Bradley Denton habe ich keine abgebrochen. Was viel für mich bedeutet, da ich selten und meistens ungern über meine Lieblingsgenres hinauslese.

In der neuen Anthologie “Der Bruder des Königs” von Martin und Dozois findet jeder Leser eine Perle und eine leere Muschel. Es ist Unterhaltung für jeden geboten und auf jedenfall ein Blick wert.


– Tut mir Leid, dass die Rezension so lange geworden ist! Und Hurray! Du hast das Ende erreicht! –

 

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