Jessica Bull knüpft mit dem zweiten Band der Miss Austen ermittelt-Reihe nahtlos an den Charme ihres Auftakts an – und schafft es erneut, Jane Austen als ebenso kluge wie entschlossene Amateurdetektivin lebendig werden zu lassen. Zwischen Gesellschaftsroman und Kriminalfall entfaltet sich ein wunderbar atmosphärischer Wohlfühlkrimi, der zugleich spielerisch mit historischen Fakten und feiner Fiktion arbeitet. Nach einigen Längen am Anfang, da mir noch nicht klar war, wohin die Reise gehen soll, war ich dann doch ganz schön gefesselt von all den faszinierenden Ideen, mit denen die Autorin den Roman gefühlt hatte.
Als in Kent plötzlich eine geheimnisvolle spanische „Prinzessin“ Anspruch auf das Erbe von Mrs. Knight erhebt (welches ihrem Bruder zusteht), lässt Jane nicht locker. Während ihr Umfeld sie lieber verheiratet sehen würde und Mrs. Knight ihr jede Einmischung verbietet, folgt Jane unbeirrbar ihren eigenen Spuren. Mit wacher Beobachtungsgabe, scharfem Witz und einer kräftigen Portion Mut stolpert sie von Theorie zu Theorie – und wächst genau dadurch noch stärker über die Erwartungen ihrer Zeit hinaus.
Bull verleiht Jane hier eine Selbstsicherheit, die sich so natürlich anfühlt, dass man sich beinahe vorstellen kann, die echte Austen hätte mit derselben Energie durchs Leben ermittelt. Die Mischung aus vertrauten Figuren, neuen Intrigen und dem Erbschaftsplot macht den Roman abwechslungsreich; das Tempo bleibt angenehm ruhig, gewinnt aber mit jeder Wendung etwas an Spannung. Besonders schön: die kleinen Momente, in denen Bulls Leidenschaft für Austen aufblitzt – man spürt einfach, wie viel Herzblut in dieser Figur steckt.
Nach ein paar Fantasy- und Liebesromanen war dieser seichte Krimi wie ein literarische Entspannung: leicht, klug, aber nicht anstrengend – ein Buch, das hebt und trägt. Genau deshalb wächst mir diese Reihe so ans Herz!
