Die schönste Version von Ruth-Marie Thomas

Ruth-Maria Thomas’ “Die schönste Version” ist ein beeindruckender Debütroman, der tief unter die Haut geht. Inmitten der späten Nullerjahre und frühen 2010er Jahre in einer ostdeutschen Kleinstadt erzählt die Geschichte von Jella und Yannick von der ersten großen Liebe, die tragisch aus den Fugen gerät. Besonders berührend ist die Art und Weise, wie die Autorin Jellas Rückblick gestaltet: Sie zieht den Leser durch eine schmerzhafte Selbstreflexion, in der Jugend und Erwachsenwerden, Freundschaften und die bedrückenden Abgründe ihrer Beziehung beleuchtet werden. Das heißt, wir springen durch Rückblicke, bis sich die Person Jella für den Leser ergibt und das Ereignis, das zum Auslöser ihrer Rückblicke führt. Eine immer interessante und spannende Art, eine Geschichte zu erzählen, in dem Fall auch eine feinfühlige Art und Weise.

Der Schreibstil ist dabei besonders markant: Er wirkt zugleich nah und distanziert, was eine gute Spannung erzeugt. An einigen Stellen ist der Text jedoch aufgrund der Tiefe und Schwere der behandelten Themen schwer zu lesen, wir reden hier inhaltlich über Missbrauch und Gewalt an Frauen. Das Gefühl, nach der Lektüre Zeit zur Verarbeitung zu benötigen, ist keine Seltenheit – das Buch hallt lange nach.

Die thematische Auseinandersetzung mit Gewalt, Selbstfindung und den Herausforderungen des Frauseins in der heutigen Gesellschaft macht “Die schönste Version” zu einem wichtigen Werk. Die Drastik und Klarheit, mit der die Autorin die dunklen Seiten von Beziehungen aufzeigt, ist erschütternd, aber auch notwendig. Es ist ein Buch, das einen fordert und bewegt – ein bitterer, aber unverzichtbarer Roman, der den Leser nachhaltig beschäftigt.

P.S: Der Roman war auf der Longlist für den Buchpreis 2024!

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