T. Kingfisher hat mit „Was die Toten bewegt“ eine atmosphärisch dichte und faszinierende Neuinterpretation des Klassikers „Der Untergang des Hauses Usher“ von Edgar Allan Poe geschaffen. Die Nacherzählung greift die düstere und unheimliche Stimmung des Originals auf und erweitert sie um neue, originelle Elemente. Während sie überraschend nah bleibt.
Kingfisher zeigt mit diesem Roman einmal mehr ihr herausragendes Talent, Geschichten zu beleben.
Die Geschichte folgt der Protagonistin Alex Easton, die die alte Freundin Madeline Usher in ihrem einsamen Familienanwesen besucht. Kingfisher gelingt es, das ursprüngliche Gefühl der Beklemmung und des Verfalls des Hauses Usher eindringlich darzustellen – doch gleichzeitig fügt sie unerwartete Wendungen hinzu, die die Handlung packend und originell machen. Dabei war ich sehr angetan von ihrer Pilz-Idee und fühlte mich an den Roman von Silvia Moreno-Garcia erinnert. Wobei dieser hier gruseliger ist. Sie bedient sich einer scharfsinnigen Erzählweise, die selbst in düsteren Momenten aufblitzt und der Geschichte eine eigene, einzigartige Dynamik verleiht.
Besonders gelungen ist, wie Kingfisher den Charakteren Tiefe verleiht und sie vielschichtiger und interessanter darstellt als im Original, besonders beim Protagonisten. Madeline und ihr Bruder Roderick wirken lebendiger, menschlicher – und gerade das verstärkt das Grauen, als die Ereignisse sich entfalten.
Ein Highlight der Geschichte ist, wie Kingfisher dem klassischen Gothic-Horror neue Dimensionen verleiht. Sie baut Elemente des Body-Horrors ein und schafft mit ihrer bildhaften Sprache eine dichte, fast greifbare Atmosphäre des Unheimlichen. Das sich langsam aufbauende Grauen entfaltet sich Stück für Stück, bis es zu einem packenden Finale kommt, das den Leser überrascht zurücklässt.
In „Was die Toten bewegt“ verschmilzt T. Kingfishers Liebe zum klassischen Horrorgenre mit ihrem unverkennbaren Stil. Die Novelle ist düster, mitreißend und überraschend zugleich. Fans von Poe werden die Anspielungen auf das Original lieben, während Neueinsteiger in die Welt des Hauses Usher von der kreativen Interpretation fasziniert sein werden.
Das Buch bewerte ich mit: