Seit letztem Jahr verschlinge ich die Bücher von T. Kingfisher – und jedes neue Werk von ihr ist für mich ein kleines Highlight. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass mit Dornenhecke nun eine Novelle erschienen ist, und das sogar in einer wunderschönen Hardcover-Ausgabe mit Illustrationen. Schon das Design hat mich begeistert, bevor ich überhaupt mit dem Lesen begann. Wunderbarer Schutzumschlag und das Hardcover darunter ist auch golden illustriert – ein Hingucker.
Die Geschichte selbst ist genau das, was ich an Kingfisher so liebe: märchenhaft, düster, atmosphärisch dicht und zugleich voller Wärme. Dornenhecke ist eine Neuinterpretation von Dornröschen – doch erzählt aus einer ganz anderen Perspektive. Die Protagonistin Krötling, eine von Feen geliebte, aber vom Schicksal schwer belastete Gestalt, stolpert in eine Aufgabe, die ihr Leben für immer verändert: Aus einem missglückten Segen wird ein Fluch, den sie über Jahrhunderte bewachen muss.
Besonders stark fand ich die Mischung aus märchenhafter Symbolik, dunkler Grundstimmung und der feinen Prise Humor, die Kingfisher immer wieder einfließen lässt. Krötling ist eine ungewöhnliche Heldin – weder strahlend schön noch besonders mächtig, dafür aber zutiefst menschlich in ihren Zweifeln, in ihrem Pflichtbewusstsein und in ihrer Sehnsucht nach Zugehörigkeit.
Auch der Ritter, der irgendwann auftaucht, ist erfrischend untypisch: kein strahlender Held, sondern ein freundlicher, einfühlsamer Mensch, der Krötling nicht als Bedrohung, sondern als Person sieht. Das Zusammenspiel der beiden macht die Novelle noch einmal runder und berührender.
Was mich am Ende fast traurig machte: die Geschichte war zu schnell vorbei. Nicht, weil Kingfisher uns mit einem Cliffhanger zurücklässt – die Novelle ist in sich geschlossen. Aber ich wollte einfach noch viel länger in dieser Welt verweilen, Krötling begleiten, mehr von den dunklen, verwunschenen Hecken und verborgenen Wahrheiten erfahren. Dornenhecke ist für mich eine melancholisch-schöne, gleichzeitig bezaubernde Märchenadaption – düster, poetisch, mit einer Heldin, die man so schnell nicht vergisst.

P.S.: Kingfisher gewann 2017 den Hugo Award für die beste Novelle mit Dornenhecke
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