Ganz ehrlich: Der Start war für mich eine echte Geduldsprobe. Der Einstieg zieht sich, wirkt stellenweise unnötig lang, und ich habe das Hörbuch nach ein paar Stunden erst einmal pausiert. Nach etwa einer Woche habe ich dann weitergehört – und ab diesem Punkt hat die Geschichte endlich das getan, was ich mir von Anfang an gewünscht hatte: Sie kam richtig in Fahrt. Und das hat sich gelohnt, denn die Grundidee und die eigentliche Handlung sind wirklich stark.
Die Geschichte spielt größtenteils im Jenseits und verbindet Fantasy und Romance mit Humor, Emotion und ernsteren Themen wie Verlust, Trauma, Schuld, Heilung und der Frage, was ein erfülltes „Leben“ – selbst nach dem Tod – bedeuten kann. Die Welt ist riesig angelegt, mit Göttern, Dämonen, Seelen, eigenen Regeln und einem erstaunlich liebevollen Blick auf Zwischenmenschliches. Trotz der oft leichten, humorvollen Tonlage werden immer wieder tiefere Gespräche über Verantwortung, Beziehungen und Mitgefühl geführt.
Im Mittelpunkt steht Lily, die nach ihrem Tod ihren Platz im Jenseits sucht und schließlich im „Hel(l)p Desk“ landet – einer Art Anlaufstelle für frisch verstorbene Seelen. Dort trifft sie auf Bel, einen Höllenprinzen, der weit mehr Herz, Humor und Tiefe mitbringt, als man erwarten würde. Die Beziehung der beiden entwickelt sich langsam und fühlt sich dadurch angenehm an. Die romantischen und auch expliziteren Szenen wirken nicht wie Selbstzweck, sondern sind klar in die emotionale Entwicklung eingebettet.Besonders gelungen sind die Nebenfiguren und das Gemeinschaftsgefühl: gefundene Familien, starke Freundschaften, schräge wie berührende Charaktere und sogar tierische Begleiter. Es gibt lustige Momente, genauso wie Szenen, die unerwartet treffen und nachhallen.
Mein größter Kritikpunkt bleibt die Länge. Die Geschichte hätte von mehr Straffung profitiert: Wiederholungen, ähnliche Gespräche aus leicht verschobenen Blickwinkeln und ein insgesamt sehr ausführlicher Erzählstil bremsen den Lesefluss – gerade im Hörbuchformat (irgendwann habe ich nur noch auf Tempo 2x gehört). Gleichzeitig gibt es später sehr spannende, dramatische Abschnitte, in denen Tempo, Gefahr und Emotion perfekt zusammenspielen und zeigen, wie stark diese Geschichte eigentlich ist.
Zum Hörbuch: Die verschiedenen Sprecher sprechen die Figuren differenziert, emotional und mit viel Gefühl für Timing und Humor. Gerade in emotionalen und actionreichen Szenen trägt das Sprecherensemble viel zur Intensität bei.Unterm Strich: kein perfekter Einstieg, aber eine Geschichte, bei der sich Dranbleiben lohnt. Wer Geduld mitbringt, wird mit einer fantasievollen, gefühlvollen und sehr eigenen Welt belohnt – und mit einem Hörbuch, das durch seine Sprecher*innen zusätzlich gewinnt.
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