Mit Cechov durch die Leseflaute

Sobald die Temperaturen anfangen, leicht kälter zu werden, komme ich in Lese-Stimmung. Das ist einfach jedes Jahr dasselbe und man könnte schon den Wecker danach stellen. Aber bestimmt kennt ihr das auch, das Wetter ist einfach perfekt für Leseabende, sobald es regnet und man die Kuscheldecke rausholen kann.
Und die Zeit davor? Die kann man sich eher als Kurve mit vielen Hoch- und Tiefs vorstellen.

Und jeder hat seine Mittelchen, seine Geheimtipps, wie er die Leseflaute in der warmen Zeit (und auch sonst) überbrückt und immer am Ball bleibt. 

Und dieses Jahr habe ich ebenfalls meinen Geheimtipp für mich gefunden, mit dem ich mich selbst austrickse, um die Lust am Lesen nicht einen Moment zu verlieren. Das hatte diesen Sommer gut geklappt!
Mein Tipp sind Erzählungen. Kleine, feine Geschichten, die einen kurz versinken lassen vor dem Einschlafen. 

Genau das Richtige nach lauen Sommerabenden, wenn man zu lange mit den Freunden draußen im Biergarten saß und eigentlich morgen wieder zur Arbeit muss. Aber der Abend ist noch jung! Und um zur Ruhe zu kommen ist so eine Kurzgeschichte mir immer willkommen. Besonders dann, wenn es wieder hektisch ist.
Und mit kleinen Erzählungen von Cechov, die lustig, interessant und dramatisch zugleich sind, bin ich bis jetzt gut gefahren. 

Beim Diogenes Verlag erschienen in den letzten Jahren zusammenfassende Bände zu seinen Erzählungen. Da haben wir einmal “Wintergeschichten”, der einzige Band, den ich noch nicht gelesen habe. Dann “Sommergeschichten” mit einem herrlichen Covermotiv und “Frühlingsgefühle”, mein Favorit. 

Für jeden Band gibt es ein Motto, bzw. die Geschichten sind zusammengestellt worden von Christine Stemmermann.

Winter: Ein Tannenbaum des Schicksals, der die Gaben verteilt, eine Schlittenfahrt, feiertägliche Erregung, Könige-Spiel, Wodka, Kaviar und Lachs: Tiefer Winter herrscht in diesen einzigartigen Geschichten, die gerade durch ihre klare Sprache besonders ergreifend sind: »Wenn der erste Schnee fällt, am Tag der ersten Schlittenfahrt, ist es angenehm, die weiße Erde, die weißen Dächer zu sehen, es atmet sich weich und wunderbar, und dann erinnert man sich an die Jugendjahre.«

Frühling: »Am liebsten erinnern sich die Frauen an die Männer, mit denen sie lachen konnten.« So Anton Cechov, der die Frauen und die Liebe kannte wie kein anderer. Voller Witz und ohne Illusionen verewigt er eines der facettenreichsten Gefühle. Rendezvous, Seufzeralleen und Küssereien sind ebenso vertreten wie leise Sehnsucht, verflogener Zauber, vertagte Geständnisse und gute Partien.

Sommer: »Die Sonne spielte im Fluss und glitt mit ihren Strahlen über das betaute Gras. Der Fluss und das Grün, so schien es, waren übersät mit teuren Diamanten. Die Vögel sangen wie nach Noten.« Sommer, das ist ein Idyll – in dem es jederzeit zu Überraschungen kommen kann. Im sich auftürmenden Wald ebenso wie beim nächtlichen Stelldichein. Ein unverzagter Sommergast, ein verliebter Karpfen, hübsche Sommerfrischlerinnen und Ehemänner als Märtyrer bevölkern diese Geschichten.

Um ganz richtig zu sein, braucht man noch einen herbstlichen Band, damit mein Sammlerherz zufrieden ist, aber man kann auch mit Wintergeschichten anfangen und Stück für Stück bis in den Januar reinlesen. So ist zumindest mein Plan für das Jahr. Da ich nämlich alle Bände in der Zeit der Jahreszeiten lesen möchte. 

Mit “Sommergeschichten” kam ich im Sommer gut voran, leider wurde ich nur nicht fertig, weil andere Bücher dazwischen gekommen sind (wie so immer). 

Und eigentlich habe ich auch “Frühlingsgefühle” schon gelesen, aber das war in einer Eile, weil der Sommer schon vor der Tür stand und ich es nicht so ganz genießen konnte. Daher geben wir dem einen weiteren Versuch, in Ruhe, so wie es für kurze Erzählungen richtig ist. 

Denn die sollte man mit Bedacht lesen, zum Entspannen, Genießen und zum Nachdenken. 

Sobald ich mit diesen Erzählungen durch bin, werde ich mich umschauen, welche Lieblingsautoren von mir Sammlungen mit Erzählungen rausgebracht haben. 

Habt ihr da vielleicht ein paar Tipps?

P.S.: Sind die drei Bücher nicht auch das perfekte Geschenk für Leser?

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1 Kommentar

  1. 30. Oktober 2022 / 14:31

    Hallo,

    Ich wollte schon längere Zeit darauf antworten, habe es bislang aus zeitlichen Gründen leider nicht geschafft. Cechovs Geschichten sind großartig und ich finde deine Idee toll, deine Lektüre den Jahreszeiten entsprechend anzupassen – hoffen wir, dass noch ein Herbstband folgen wird!

    Vergleichbare Kurzgeschichten kenne ich leider nicht, die mir bekannten Kurzgeschichten gehen leider in völlig andere Richtungen. Da du auch phantastische Literatur liest könnten die Werke von James Tiptree Jr. etwas für dich sein – bissige und innovative Geschichten, aber (leider?) nicht so karg im Stil wie Cechov!

    Viele Grüße,

    Eugen

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