Rezension zu Als Mutter verschwand von Kyung-Sook Shin

 

Sie wollte nur ihre erwachsenen Kinder in Seoul besuchen. Aber als sie mit ihrem Mann am Hauptbahnhof in die überfüllte U-Bahn steigen will, passiertes: Mutter geht in der Menschenmenge verloren. Und sie bleibt spurlos verschwunden– obwohl die Familie natürlich alles tut, um sie zu finden. Die Suche zieht sich über Wochen und Monate hin und wird immer aussichtsloser.  Dabei wird sowohl ihren Kindern als auch ihrem Mann zum ersten Mal bewusst, was diese Frau für sie alle war – und vor allem, wer sie eigentlich war. Ein hinreißender, anrührender, ganz und gar ungewöhnlicher Roman über Mütter und Kinder, über die Verwerfungen zwischen den Generationen und über die alles überbrückende Kraft der Liebe.

“Ihr könnt euch nicht entscheiden, welches Foto von Mama man nehmen sollte. Alle finden, dass es das aktuellste Foto sein muss, aber niemand hat ein aktuelles Foto von ihr. Dir fällt wieder ein, dass Mama irgendwann nicht mehr fotografiert werden wollte. Selbst wenn Aufnahmen von der ganzen Familien gemacht wurden, schlich sie sich davon.” – S. 10

Dieser Roman wir unter anderem aus der Sicht einer Tochter der verschwundenen Mutter erzählt. Teilweise nüchtern, teilweise poetisch beschreibt sie die Geschehnisse und greift Erinnerungen auf.
Sie offenbart eine Seite ihrer Mutter, die ihr selber nicht ganz bewusst war und lernt sie so kennen, wie keiner sie kannte. Auch aus der Sicht von anderen Familienangehörigen wird geschrieben, sogar aus der Sicht der Mutter.

Bewegend.
Es gehört zu den Büchern, die mich immer wieder zu Tränen rühren und in wenigen Seiten wird man in eine unbekannte Welt entführt, in die der koreanischen Kultur und Sitten, aber es wird auch ein Familienbild gezeigt und die Rolle der Mutter ist das zentrale Thema.
Man merkt schnell, dass die Rolle ähnlich ist wie bei uns. Mutter ist eben Mutter.

Sprachlich ist das Buch einfach gehalten, aber greift den Leser geschickt ein mit “Du erinnerst dich” – “Du greifst auch…” – “Ihr versammelt euch” und ähnlichen Mitteln.
Man ist sehr schnell in der Geschichte drin und einerseits verläuft alles ruhig, anderseits werden immer mehr Dinge und Geheimnisse aus der Familie aufgedeckt.
Die Autorin wechselt zwischen Erinnerungen, Personen, aber auch in den Zeiten und es baut sich eine geschickte, aber auch traurige Geschichte auf.

“Dir wird klar, dass du immer an sie gedacht hast, wenn in deinem Leben etwas schieflief. Wenn du sie vor dir sahst, kam etwas in dir wieder ins Lot, und dir wuchs neue Kraft zu.” – S. 247

Herzzerreißend und wunderschön.
Es ist das Bild einer Mutter, die viel für ihre Kinder aufgegeben hat und sich nie die Entbehrungen und schlechten Geschehnisse ansehen lies,
Wer gerne mitreißende Familiendramen ließt aus einer recht unbekannten Kultur mit einem ungewöhnlichen Schreibstil, der sollte zugreifen. Das Buch wird euch nicht enttäuschen!

 

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