Rezension zu Meine Flucht aus Nordkorea von Yeonmi Park

 

Yeonmi Park träumte nicht von der Freiheit, als sie im Alter von erst 13 Jahren aus Nordkorea floh. Sie wusste nicht einmal, was Freiheit ist. Alles, was sie wusste war, dass sie um ihr Leben lief, dass sie und ihre Familie sterben würde, wenn sie bliebe – vor Hunger, an einer Krankheit oder gar durch Exekution. In ihrem Buch erzählt Yeonmi Park von ihrem Kampf ums Überleben in einem der dunkelsten und repressivsten Regime unserer Zeit; sie erzählt von ihrer grauenhaften Odyssee durch die chinesische Unterwelt, bevölkert von Schmugglern und Menschenhändlern, bis nach Südkorea; und sie erzählt von ihrem erstaunlichen Weg zur führenden Menschenrechts-Aktivistin mit noch nicht einmal 21 Jahren.

“In den Köpfen der Nordkoreaner laufen immer zwei verschiedene Geschichten ab, wie Züge auf parallel verlaufenden Gleisen. Eine ist das, was ihnen beigebracht wurde, die andere das, was sie mit eigenen Augen sehen.” – S. 72

Meine Kenntnisse über Nordkorea beschränkten sich vor der Biographie auf eine Dokumentation über das Land, wo man die Unterdrückung und Gehirnwäsche erkennen konnte, das einfache Leben sah und die Leere in den Menschen. In dieser Biographie erfährt man mehr, viel mehr. Es nimmt einen mit und rührt einen zu Tränen.

Yeonmi Park erzählt ihr Leben in drei Abschnitten, Nordkorea, China und Südkorea. Ihr Leben fängt in Nordkorea an und wir erfahren viel über das Gesellschaftssystem und über die politischen Verhältniss. Die schrecklichen Lebensumstände in Nordkorea, als auch die systematische Manipulation eines ganzen Volkes wird aufgegriffen (unglaublich was sich da abspielt!) und Yeonmi Park erzählt es am Beispiel ihrer Familie sehr deutlich. Was bedeutet es von einem zum anderen Tag geächtet zu sein? Nicht zu wissen, wann man wieder was zu Essen hat? Oder immer wieder Leichen draußen am Straßenrand zu finden?
Sie flieht nach China und gerät in die Hände von Menschenhändlern, wo sie schließlich verkauft wird und hofft auf ein freies Leben in Südkorea. Ihr bleibt nichts übrig als wieder zu fliehen.

Ich werde nicht tief auf die Dinge eingehen, die ihr dort widerfahren sind, das nimmt zu viel bei dem Buch vorweg. So viel kann gesagt werden. Ihr Flucht aus Nordkorea bis Südkorea war nicht einfach gewesen, genauso wenig wie die Zwischenstopps auf ihrer langen Reise. Beim Start ihrer Reise wünscht sie sich nicht Freiheit, sondern, dass sie nicht mehr hungern muss und erst mit der Zeit lernt sie was Freiheit bedeutet, was es für sie persönlich bedeutet.
Wir lernen viel Neues und Interessantes kennen, nicht nur über das abgeschottete Land, sondern auch über China und wie es ist als Flüchtling in Südkorea zu leben.

“Und noch etwas lernte ich an diesem Tag. Jeder hat seine eigene Wüste. Sie mag ganz anders sein als meine Wüste, und doch muss jeder sie durchqueren, um einen Sinn im Leben zu finden und frei zu sein.” – S. 295

Von der Sprache her hat es sehr gut gepasst, sie ist größtenteils einfach gehalten und mit der aufwühlenden Geschichte ist es eine sehr packende Biographie, die mir oft Tränen in die Augen getrieben hat. Ob ich ein sentimentaler Mensch bin? Ja. Bei Ungerechtigkeit und Verlust immer.
Sie beschreibt ihre Situationen mit einer klaren Nüchternheit und teilweise Naivität und daher liest sich das Buch nicht durch und durch in einer drückenden Atmosphäre (die gibt es manchmal – es ist eine schwere Kost), sondern spannend und interessant. Und dann war es bereits zu Ende und wir können nicht glauben, was alles geschehen ist.

“>>Komm irgendwann an mein Grab und erzähl mir, dass der Norden und der Süden wieder vereint sind<<, sagte sie.” – S. 76 – Großmutter zu ihrer Enkelin Yeonmi.


Eine einzigartige Lebensgeschichte einer jungen Frau und ihrem langem Weg zur Freiheit. Von einem kleinen Mädchen mit dem Traum nicht zu Hungern bis zu einer Frau, die nach Größerem strebt, sich traut zu träume und mit klaren Bildern eine bewegende Biographie erzählt. Aber auch einen interessanten und aktuellen Blick auf Nordkorea wirft, ein Land dessen ganzes Volk von der Außenwelt abgeschottet ist und nur mit Lügen und in Armut aufwächst.

“Auf den Straßen riefen so viele verzweifelte Menschen um Hilfe, dass man sein Herz verschließen musste, um den Schmerz zu ertragen. Nach einer Weile kann man einfach nicht mehr. So muss die Hölle sein.” – S. 74 

 

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